Ötztaler Radmarathon 2019 – Der Mythos

Jedes Jahr haben rund 4.000 Rennradfahrer einen Traum: den anspruchsvollsten Radmarathon der Alpen zu finishen. Der Rundkurs führt auf 238 Kilometern von Sölden über 4 Alpenpässe (Kühtaisattel, Brenner-, Jaufenpass und Timmelsjoch) nach Südtirol und wieder retour. Unglaubliche 5.500 Höhenmeter meistern die Teilnehmer, die schnellsten unter ihnen gelangen in einer Rekordzeit von ca. sieben Stunden ins Ziel. Hast auch du diesen Traum?

Thomas hatte diesen Traum nun bereits zum 3. Mal.

Nach 2 Ötzis unter extremen Witterungsbedingungen (2016 extrem heiß, 2018 extrem kalt, Dauerregen und mit Schnee) prophezeiten wir, dass in diesem Jahr alles optimal sein wird. Wir wurden nicht enttäuscht. Auch war Thomas bestens vorbereitet, hatte gezielt nur auf dieses einmalige Event tausende Kilometer und Höhenmeter in diesem Jahr trainiert, hatte das perfekte Wettkampfgewicht und sein Fahrrad war so optimiert, dass auch dieses um einiges an Gewicht leichter war als im vergangenen Jahr. Er musste einfach nur so die Berge hinauf fliegen.

Endlich – Abfahrt am Donnerstag, den 29.08.2019, ins wunderschöne Tirol nach Sölden und nach langer Autofahrt den Rest des Tages einfach nur relaxen.

Freitag, 30.08.2019

Gemeinsam mit einigen Radfahrern des Kirchmair Cycling Teams absolviert Thomas das erste Training vor dem großen Rennen. Anschließend treffen wir uns mit Roland aus Neubrandenburg, ebenso ein Radsportverrückter, der vom Ötzi nicht genug bekommen kann. Wir holen in der Freizeitarena die Startunterlagen und besuchen wieder die Bike Expo, auf der Firmen und Aussteller ihre Produkte anbieten. Und klar – „Mann“ findet immer etwas. Dieses Mal einen neuen Helm.

Roland hat sich für das Bergsprint-Einzelzeitfahren angemeldet – Länge 1,2 km und 129 Höhenmeter. Die schnellsten 16 Herren & 4 Damen dürfen beim Ötztaler aus dem Startblock 1c starten. Im Minutentakt starten die Fahrer. Wir stehen am Start und feuern Roland an.

Anschließend treffen wir uns mit Mathias Nothegger, dem Sieger des Ötztaler Radmarathons 2018 und dessen Frau Carmen, die gemeinsam die Firma NOM-Sportsfood betreiben. Wir konnten beide für ein Sponsoring für unsere Saisoneröffnungsfahrt am 01.05.2020 gewinnen.

Samstag, 31.08.2019

Bereits vor dem Frühstück absolviert Thomas mit Roland eine kurze, aber Hardcore-Trainingseinheit in Richtung Timmelsjoch. Mensch Jungs, übertreibt es nicht noch vor dem Ötzi.

Sonntag, 01.09.2019 – Die Stunde der Wahrheit

Pünktlich um 06:45 knallt es aus der Kanone zum Start. Der Hubschrauber kreist über den Fahrern und ich bin, wie jedes Mal, total überwältigt von dieser einzigartigen Atmosphäre. Gänsehaut pur.

Meine Güte – 4000 Fahrer. Es ist kein Ende in Sicht.

Zurück im Hotel gehe ich erstmal frühstücken und verfolge dabei das im Fernsehen live übertragene Rennen. Die anderen Fahrerfrauen tun es mir gleich. Und so nach und nach kommt man dann auch ins Gespräch. Gemeinsam fiebern wir um die Wette. Zwischendurch schaut die Eine oder Andere auf Ihre Datasport Event App, um zu verfolgen, wo der Ehemann denn gerade ist. Man, ist das alles spannend. Und so sitzen wir stundenlang, frühstücken und fiebern mit.

Da, auf einmal sehe ich ihn, meinen Ehemann. Hurra. Schnell Schwager Robert kontaktiert. Auch er hat ihn gesehen J.

Ich schaue auf die App, um zu sehen, welche Stationen Thomas in welcher Zeit hinter sich gebracht hat:

08:40 Uhr Kühtai (bereits 5 min schneller als im Vorjahr)

09:25 Uhr Innsbruck

10:38 Uhr Brenner letztes Jahr 10:53 Uhr

Und erneut: „Der Ötzi beginnt erst hier.“

12:26 Uhr der Jaufenpass (jetzt schon ½ Stunde schneller als im Vorjahr) – Wow, ist der Kerl nur gut.

12:48 Uhr St. Leonhard

Bereits 13:32 Uhr, nach 6h 45 min fährt der Erste ins Ziel. Es ist wieder Mathias Nothegger. Unglaublich. Unsere Hotelbesitzerin geht mit Topfdeckeln auf die Straße und macht ordentlich Lärm für ihn und die darauffolgenden Fahrer.

Jetzt muss ich aber langsam zur Freizeitarena, um nicht die Zieleinfahrt von meinem eigenen Mann zu verpassen. Doch wo ist er jetzt?

14:23 Uhr Schönau

15:25 Uhr Timmelsjoch. Jetzt dauert es nicht mehr lange.

16:00 Uhr. Ich lese gerade noch eine WhatsApp von Schwager Robert. So ein Mist. Und in diesem Monat fährt Thomas über die Ziellinie und ich hab noch nicht mal ein Foto machen können.

Aber egal. Er ist heil und gesund wieder angekommen.

Ein super Erfolg für Thomas: Fahrzeit 09h 11 min, das ist 1 h schneller als im Vorjahr. Der Traum ist wahr geworden.

In der Zielankunft gibt auf einmal hinter Thomas Jemand einen lockeren Spruch ab. Er dreht sich um. „Mensch Andy“ ruft er und tut so, als ob er diesen Andy schon ewig kennt. Es war Andreas Goldberger, ehemaliger Weltmeister und Olympiasieger im Ski-Fliegen. Cool. Ich zückte sofort die Kamera. Wann hat man schon mal einen Weltmeister vor der Linse.

Andy wird am Abend auch die Preise an die Sieger des diesjährigen Ötztaler Radmarathons in der Freizeitarena übergeben.

Schade, unsere Zeit in Sölden ist vorbei. Aber:

Ötzi, wir kommen auch ein 4., 5., 6. Mal usw. wieder.

 

 

Kathrin Reinke